Vergebung und Versöhnung sind unterschiedliche Konzepte

vergebung beitrag

Vergebung oder Versöhnung, das ist die Frage!

Vergebung und Versöhnung scheinen dasselbe zu sein. Aber für mich persönlich unterscheiden sie sich gravierend. Und genau das möchte ich dir in diesem Artikel darlegen.

Dieser Unterschied scheint mir besonders im Zusammenhang mit der Anlage der HSP wichtig. Besonders in Kombination mit der Alleingeburt. Warum, werde ich dir hier erklären.

Warum ich diese Kombination sehe, kannst du übrigens in einem eigenen Artikel nachlesen. 

 

Was dich in diesem Beitrag erwartet

  • Schuldgefühle, ein Hauptthema alleingeborener HSP
  • Folgen von Schuldgefühlen
  • Beispiele für Schuld-Abnahme
  • Anziehung von Schuldgefühlen
  • Vergebung versus Versöhnung
  • Aus Vergebung wird Versöhnung bei Alleingeborenen
  • Vergebung und Versöhnung im Allgemeinen
  • Ohne Fehler braucht es keine Vergebung
  • Lebensrückblich
  • Aussöhnung
  • Fazit

 

Vergebung und Schuldgefühle sind Hauptthemen alleingeborener HSP

Mir sind kaum alleingeborene Zwillinge bekannt, die nicht unter Schuldgefühlen leiden. Im Gegenteil. Aus meiner Sicht sind Schuldgefühle eines der Hauptindizien für den frühen Verlust eines Zwillings.

Leidest auch du unter Schuldgefühlen, für die du eigentlich keinen Grund erkennen kannst?

depressiv

Ich nenne sie daher schuldlose Schuldgefühle.

Woher diese kommen?

Nun, wir fühlen uns irrtümlich schuldig am frühen Tod unseres Zwillings.

Das ist übrigens ein Muster, das die Psychologie auch von Scheidungskindern kennt. Auch diese fühlen sich irrtümlich schuldig am Zerwürfnis ihrer Eltern.

 

Folgen von Schuldgefühlen

Diese Schuldgefühle sind aus mehreren Gründen fatal.

Einerseits versetzen sie dich in Stress. Und unter der Wirkung deiner Stresshormone bist du auf den Höhlenmenschen-Modus reduziert. Was im 21. Jahrhundert natürlich nicht sinnvoll ist.

Mehr zum Thema Stress kannst du auch im entsprechenden Artikel nachlesen.

Aber auch in meinem Stresslösungs-Buch.

stresslösung

Andererseits machen dich deine Schuldgefühle magnetisch für weitere Schuldgefühle.

Daraus resultiert einerseits die Tendenz, anderen ihre Schuldgefühle abzunehmen.

Auf der anderen Seite ziehst du immer wieder manipulative Menschen an. Solche, die dir wieder und wieder Schuldgefühle vermitteln.

Woraus dann oft auch noch Co-Abhängigkeit resultiert.

 

Beispiele für Schuld-Abnahme

Ein klassisches Beispiel für die Schuld-Übernahme sind die Kriegs-Kinder und Kriegs-Enkel.

Alleingeborene Zwillinge, deren Vater im Krieg war, leiden dessen Schuldgefühle mit. Wobei nicht selten auch diese alleingeborene Zwillinge sind. Weil diese Anlage ja familiär gehäuft auftritt.

Ich selbst habe entsetzlich unter den Schuldgefühlen meines Vaters gelitten.

heimkehrer

Er hat es bis zu seinem Ende nicht verkraftet, dass er im Krieg Menschen getötet hat. Was für ihn besonders schlimm war, weil auch er ein Alleingeborener war. Und damit zugleich eine ausgeprägte HSP.

Aber auch Enkel von Kriegs-Heimkehrern, die eine enge Beziehung mit ihrem Großvater haben, kennen diese Empathie. Und den Wunsch, dem alten Menschen seine Schuldgefühle abzunehmen.

 

Beispiele für die Anziehung von Schuldgefühlen

Auch dieses Phänomen kenne ich aus meinem Leben. Und ich höre immer wieder Berichte darüber von anderen Alleingeborenen, die zu mir in Beratung kommen. Co-Abhängigkeit ist ja ein weit verbreitetes Phänomen bei alleingeborenen HSP.

Wenn wir selbst uns schuldig fühlen, dann strahlen wir diese Schuldgefühle über unser Herzfeld aus. Und werden damit resonant für genau dieses Thema.

Dann ziehen wir Partner an, die genau wissen, wie sie Schuldgefühle in uns erwecken. Und die uns damit oft auf perfide Art und Weise manipulieren.

Was sich vor allem dann auswirkt, wenn wir versuchen, uns aus einer solchen Beziehung zu befreien.

Dann fährt das Gegenüber, das nicht selten eine narzisstische Anlage hat, alle Geschütze auf. Und versucht, uns mit unseren eigenen Schuldgefühlen in der Beziehung zu halten.

traurig

Vergebung versus Versöhnung

Ich werde gleich darauf eingehen, warum mir Vergebung vor allem bei Alleingeborenen fehl am Platz scheint.

Aber davor möchte ich dir noch meinen Zugang zu diesen beiden Konzepten darlegen.

Vergebung passiert meinem Gefühl nach nicht auf Augenhöhe. Sie hat immer ein Gefälle in sich.

Jene Person, die Vergebung übt, stellt sich über jene, die in den Genuss der Vergebung kommt.

Das ist immer ein Von-oben-Herab. Also genau genommen ein Moment von Überheblichkeit.

Da hat einer etwas falsch und schlecht gemacht. Und der andere übt Vergebung.

 

Versöhnung

Versöhnung hingegen passiert auf Augenhöhe. Da braucht es keine Schuldzuweisung und keine Schuldgefühle. Sondern es passiert Nachsicht und harmonischer Ausgleich.

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Wenn ich mich in Vergebung hineinfühle, dann spüre ich sofort ein Unbehagen. Und zwar sowohl in der Rolle der Vergebenden, als auch in der, der vergeben werden soll.

Übrigens muss ich das schon in früher Kindheit so empfunden haben. Denn es ist mir extrem schwer gefallen, wenn ich um Vergebung bitten musste. Einfach, weil ich meine Fehler nicht erkennen konnte.

Welche großen Fehler kann ein kleines Kind schon machen?

Wie empfindest du das?

Versöhnung oder Aussöhnung fühlt sich für mich hingegen sehr wohltuend an. Sie wirkt ausgleichend und stellt Harmonie her. Und sie fühlt sich ungemein entspannend an.

Was ich bei Vergebung ganz und gar nicht behaupten könnte.

 

Vergebung wird zu Versöhnung bei Alleingeborenen

Diese Vorliebe für Versöhnung beziehe ich vor allem auf uns alleingeborene HSP. Unsere Schuldgefühle brauchen meiner Ansicht nach Heilung. Und zwar Heilung in Form von Versöhnung. Besonders Aussöhnung mit uns selbst.

Vergebung wäre hier völlig fehl am Platz.

Diese Heilung braucht vor allem die Einsicht in den Irrtum hinter diesen Schuldgefühlen. Wir haben keine Schuld auf uns geladen. Und wir tragen keine Verantwortung für den Tod unseres Zwillings.

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Dies wird auch dein Zwilling im Jenseits dir gern bestätigen.

Dazu empfehle ich dir den „Dialog der Hände“ mit deiner zweiten Hälfte. Auch dazu findest du in diesem Blog einen eigenen Artikel.

Erkenne dank dieses bidimensionalen Dialoges, dass es keine Schuld gibt! Dann braucht es auch keine Vergebung zu geben.

Aber Aussöhnung scheint mir wichtig zu sein. Vor allem Aussöhnung mit dir selbst.

 

Vergebung und Versöhnung im Allgemeinen

Allerdings gilt das meiner Ansicht nach für vieles, das wir uns nachtragen. Natürlich haben wir alle Dinge gemacht, die sich im Nachhinein als nicht ideal herausgestellt haben. Keine Frage.

Und dann finde ich es durchaus angebracht, zu sagen: “Es tut mir leid!”.

Aber dieses Bedauern bezieht sich aus meiner Sicht darauf, dass einer Person Schmerz zugefügt wurde. Und weniger darauf, dass etwas (bewusst) falsch gemacht wurde.

Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns je etwas absichtlich falsch gemacht. Oder bewusst einem anderen geschadet oder wehgetan hat.

Zumindest nehme ich das von bewusst lebenden Menschen nicht an. Und wenn jemand sich in einem solchen Blog bewegt, scheint mir das evident zu sein.

Ein Fehler, aus dem ich gelernt habe, ist für mich kein Fehler mehr, sondern eine Erfahrung. Die ich nun nicht mehr zu machen brauche.

idee

Immerhin ist mir klar geworden, dass sie sich nicht bewährt hat. Also ist sie wertvoll.

Warum braucht es dann Vergebung?

 

Ohne Fehler braucht es keine Vergebung

All das ist passiert – in beiden Richtungen. Einfach, weil wir Menschen sind. Und auch uns wurde wehgetan oder geschadet.

Aber normalerweise haben wir doch alle danach getrachtet, diese Dinge wieder gut zu machen. Und die Geschädigten zu entschädigen. Wenn auch manchmal “bloß” in der Vorstellung. Oder im “Dialog der Hände”.

Das mag nicht unbedingt für Verbrecher gelten. Aber ich nehme es von Menschen, die einen Artikel wie diesen lesen, an.

Daher ist für mich Vergebung nicht angebracht, wenn es keine Fehler gab. Sondern es braucht viel eher Aussöhnung.

Mit diesem Konzept schwinge ich eher in Resonanz. Es gilt, uns selbst und anderen all das, was aus heutiger Sicht nicht ideal gelaufen ist, nachzusehen. Und uns dann zu versöhnen.

vergebung

Auch da wieder mit uns selbst und unserem Gegenüber. Entweder real, wenn das möglich ist, oder in der Vorstellung.

Besonders wichtig scheint es mir, uns mit uns selbst auszusöhnen. Und uns all das nachzusehen, was wir uns selbst angetan haben. Aber auch von anderen antun haben lassen.

 

Lebensrückblich

Dazu mag auch der bereits besprochene Lebensrückblick dienen.

zurück schauen

Im Zuge dieser Rückschau werden dir zahlreiche frühe Indizien auffallen. Hinweise, die dich schon damals als HSP und als Halbzwilling ausgezeichnet haben. Schenke dir dafür bitte all das Verständnis, das du (und dein inneres Kind) brauchst.

Einiges magst du dabei finden, was du heute anders machen würdest. Einfach, weil du reifer und weiser bist. Und nun Zugang zu einer neuen Klarheit hast.

Aber aus damaliger Sicht konntest du vermutlich gar nicht anders handeln.

Sieh dir all das nach und söhne dich mit dir selbst und deinem inneren Kind aus.

 

Aussöhnung

Dazu kannst du dir solche oder ähnliche Sätze versichern. Am besten, während du dich im Spiegel betrachtest.

Das wirkt heilsam, auch wenn du dir dabei höchst merkwürdig vorkommst. Erlaube dir dabei ruhig, zu schmunzeln 😊.

Ich sehe es mir nach, wenn ich allzu oft nicht auf meine innere Stimme gehört habe.

Und ich sehe es mir nach, wenn ich mich selbst wenig oder gar nicht geliebt, angenommen und wertgeschätzt habe.

Ich sehe es mir nach, wenn ich immer mehr gegeben als genommen habe.

Und ich sehe es mir nach, wenn ich mich immer wieder zugunsten anderer zurückgenommen habe.

Ich sehe es mir nach, wenn ich mein wahres Wesen immer wieder versteckt und mich verstellt habe, um die Erwartungen anderer zu erfüllen.

 

Und weiter

Ja, ich sehe es mir nach, wenn ich mich vor meinem Du immer wieder klein gemacht habe – und ihm erlaubt habe, mich klein zu machen.

Ich sehe es mir nach, wenn ich mich immer wieder verleugnet habe, um andere vorzulassen.

nein

Und ich sehe es mir nach, wenn ich meine eigenen Ansprüche viel zu oft zurückgestellt und mich zu wenig um mich selbst gekümmert habe.

Ich sehe es mir nach, wenn ich oft achtlos mit mir umgegangen bin und mir die Fürsorge, die ich anderen selbstverständlich zukommen ließ, selbst versagt habe.

Und ich sehe es mir nach, wenn ich mein inneres Kind vernachlässigt habe.

Ich sehe mir alles nach, was mir noch zu diesem Thema einfällt, und schenke mir all die Selbstliebe, die ich aufbringen kann.

Und ich söhne mich mit mir aus.

 

Was macht das mit dir?

Wie geht es dir nach diesem Ritual?

Inwiefern hat sich dein Eindruck im Spiegel verändert?

spiegel

Hat sich die anfängliche Peinlichkeit gelegt?

Was fällt dir noch alles dazu ein?

Und fühlst du nun den tiefen Frieden in deinem Inneren?

Wenn du dir all das nachsiehst, was du damals gar nicht anders machen konntest?

Und dich mit dir selbst aussöhnst?

 

Fazit

Heute ging es um die Gegenüberstellung von Vergebung und Versöhnung.

Ich habe dir meine Sichtweise dargelegt und würde mich freuen, wenn meine Argumente dich zur Reflexion angeregt haben.

Aber welches Konzept auch immer du vorziehst, wichtig scheint mir, dass du dich von deinen Schuldgefühlen befreist. Denn sie sind höchst fatale Energieräuber, die dich unnötig stressen.

Und letztlich niemandem etwas bringen.

Bilder von PIXABAY